"Welche Größe hab ich denn jetzt?": Mal 32 mal 42, es nervt! Was die Marken ändern müssen – und wir auch

von Lisa Kasten
3 Min.Von Größe 32 bis 42 – ich war schon alles. Kleidergrößen, besonders bei Hosen, variieren von Marke zu Marke stark. Aber auch bei ein und demselben Hersteller, sogar bei dem gleichen Modell einer Klamotte, ist auf die Zahl oder auf den Buchstaben im Etikett kein Verlass. Warum das so ist, was das mit mir macht – und vor allem: Was verändert werden kann.
Ein typisches Szenario bei einem meiner Shopping-Trips ... Endlich habe ich eine Umkleide ergattert! Über meinem Arm hängen verschiedene Hosen in mindestens drei verschiedenen Größen, denn ich weiß aus der Vergangenheit: Das mit den Größen ist so eine Sache. Was in dem einen Geschäft passt, ist in dem nächsten viel zu eng! Deshalb bin ich auf Nummer sicher gegangen und begebe mich diesmal gewappnet in die enge, überbelichtete Umkleide. Achtung, das Größen-Roulette kann beginnen!
In der ersten Hose bin ich eine 36, so wie in den meisten Geschäften. Doch in der grauen Stoffhose brauche ich schon Größe 40. Komisch, zugenommen habe ich eigentlich nicht. Die letzte Jeans bringt mich komplett zum Verzweifeln, denn alle Größen sehen komisch aus. Genervt schaue ich auf den angesammelten Hosenstapel und frage mich: Was ist mit den Größen los? Jeder Hersteller scheint seine eigenen Größen zu definieren und dann schaffen sie es nicht mal, bei diesen Definitionen zu bleiben?
Die Konfektionsgrößen sollten doch beim Shoppen eine Orientierung bieten und nicht noch weiter verwirren. Und sie verwirren nicht nur, sie verunsichern mich noch weiter. Habe ich jetzt zugenommen oder nicht? Welche Größe bestelle ich dann online? Ich bin an dem Punkt, dass ich schon einfach keine Hosen mehr anprobieren will. Aber das kann ja nicht die Lösung sein.
Die kleine Geschichte der KonfektionsgrößeFrüher gab es keine Standardgrößen: Alles an Klamotten wurde maßgeschneidert. Dann kam die Industrialisierung und mit ihr der Beginn der Massenproduktion von Klamotten in den 1940ern. Auf einmal entstand die Notwendigkeit nach einer Einheitsgröße, was schon damals nicht ganz so einfach war. Im Laufe der Zeit haben sich die Größen immer wieder verändert, denn zum einen haben die Körper sich gewandelt und zum anderen wurden die Vermessungen genauer.
Aber warum sind dann heute nicht alle Größen gleich? Zwar werden die Deutschen weiterhin regelmäßig vermessen, doch dieser Richtwert ist keine gesetzliche Vorgabe – und genau das nutzt die Textilindustrie aus: Je nach Ziel der Marke kann die Größe variieren. Will man jüngere Frauen ansprechen, fallen die Klamotten gerne kleiner aus. Wenn ein Label versucht, dass Kund:innen ein Erfolgserlebnis verspüren beim Anprobieren, machen sie die kleineren Größen größer. Der Fachbegriff für dieses Phänomen heißt Vanity Sizing. Auch das Verkaufsland muss beachtet werden: Klamotten, die aus Frankreich, Italien oder asiatischen Ländern kommen, fallen meist kleiner aus. Größenunterschiede innerhalb einer Marke entstehen oft bei größeren Konzernen mit vielen verschiedenen Schnitten. Bei Marken, die immer die gleichen Schnitte anbieten, ist die Größe meist viel beständiger. Die Gründe für das Größen-Problem sind also verschieden.

Würden Marken unabhängig von ihrem Image die Größen verteilen und sich an einen Richtwert halten, dann gäbe es auch deutlich weniger Schwankungen zwischen den Größen. Doch ich muss nicht nur die Textilindustrie kritisieren, sondern mich auch selbst reflektieren. Bei all den verschiedenen Körpertypen und Formen fällt mir auf, dass mein Anspruch an Konfektionsgrößen eigentlich unrealistisch ist, denn Körper lassen sich gar nicht so pauschal kategorisieren. Ein gewisses System zur Orientierung ist zwar hilfreich, doch dass dieses in der Realität nicht gut funktioniert, ist eigentlich nicht überraschend.
Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum uns die Größen-Schwankungen stören. Denn Kleidergrößen waren schon immer mehr als nur eine Orientierung. Es schwingt auch eine Wertung mit. Seit Jahrzehnten wird vermittelt, dass eine kleine Kleidergröße erstrebenswert ist und das Passen in eine kleinere Hose ein Erfolg sei. Kim Kardashian trieb dies auf die Spitze und hungerte sich ab, um für die Met-Gala 2022 in ein zu enges Kleid von Marilyn Monroe zu passen.
Meine Klamotten müssen sich meinem Körper anpassen, nicht andersherum!Vielleicht, wenn wir aufhören könnten, unsere Kleidergröße, unser Gewicht und unser Selbstwertgefühl miteinander zu verknüpfen, vielleicht würden Marken dann auch aufhören, je nach Image und Strategie ihre Größen zu verändern. Das kleine Schild hinten sagt nichts über den Körper und noch viel weniger über den eigenen Wert aus.
Das Größen-Roulette durchspielt!Das Problem bleibt jedoch, dass man sich nicht auf eine Größe verlassen kann. Mit einigen Tipps lässt sich das Ganze aber erleichtern, sodass man beim Shoppen nicht gleich verzweifeln muss.
Es kann helfen, einfach einmal die eigenen Maße zu nehmen, aufzuschreiben und sich damit im Geschäft beraten zu lassen. Online geben Größentabellen oder Größenrechner auch Auskunft darüber, mit welchen Maßen man bei einer Marke in welche Größe fällt.
Beim Onlineshopping lohnt es sich, die Bewertungen durchzulesen und zu schauen, ob etwas kleiner oder größer ausfällt. Auch die angegebene Größe des Models dient als Orientierung.
- Wenn keine Größe so richtig passen will, dann nicht verzweifeln und vielleicht das Geld in die Hand nehmen und einmal zum Schneider gehen, dann erhält man mit Sicherheit seine perfekte, individuelle Größe.
Vielleicht wird der Hosenstapel in der Umkleide irgendwann mal weniger. Am wichtigsten ist doch, dass wir lernen: Es ist egal, was in den Hosen drinsteht, Hauptsache es passt!
Brigitte
brigitte